Gelassenheit und Leidenschaft. Das sind zwei wichtige Erfahrungen, die Lauren von ihrem ersten Aufenthalt jenseits der USA mit nach Hause, nach Arizona nimmt: „Bei uns springt man in sein Auto, springt wieder raus – und hier wartet man eben, wenn der Zug noch nicht kommt. Man kann es sowieso nicht ändern, also kann man auch entspannen.“ Die etwas umständliche Anfahrt zum match im Produktionstechnischen Zentrum Hannover hat auch ihre guten Seiten.
„Hier gibt’s richtige Herausforderungen“
Die Leidenschaft, die Lauren während der Sommermonate wiederentdeckt hat, hängt mit dem Institut für Montagetechnik (match) zusammen, bei dem sie als RISE-Studentin einen Sommer lang mitarbeitete. Seit fünf Jahren, erzählt die 20-Jährige, wisse sie, dass sie gern Ingenieurin werden möchte. „Aber dann habe ich aufgehört, neugierig zu sein, weil das Studium nicht so herausfordernd war, wie ich eigentlich erwartet hatte, und es ging nur noch darum, Stoff durchzukriegen. Hier dagegen gibt’s richtige Herausforderungen. Hier lerne ich was. Es ist wirklich cool.“
Laurens Aufgabe ist es, die Regelung eines „nicht-holonomen Roboterarms“ für einen Prüfstand zu simulieren. Bei diesem Arm sind einige der Gelenke passiv. Einzeln betrachtet hat der Arm dann mehr Freiheitsgrade als Steuerungseingänge. Durch das Ent- und Verkoppeln solcher Arme kann man, das ist ein Vorteil, in schwer zugänglichen Räumen Objekte handhaben. Der Nachteil: Die Regelung ist nicht ganz einfach; oder eben: eine Herausforderung.
Lauren studiert in Arizona Mechanical Engineering; ihr Nebenfach ist Deutsch. Der Schwerpunkt liege bislang sehr stark auf dem Maschinenbau, sagt sie entschuldigend auf Englisch. Beide Fächer waren für sie gute Gründe, sich für das RISE-Programm des Deutschen Akademischen Austauschdienstes zu bewerben. RISE heißt Research Internships in Science & Engineering. Es bietet Studenten aus Nordamerika und Großbritannien die Möglichkeit, an einer deutschen Universität ein Praktikum zu machen und dabei im Forschungsprojekt eines Doktoranden oder einer Doktorandin mitzuarbeiten.
Frauenforschung?!
Am match heißt die Doktorandin, die ihr Forschungsprojekt bei RISE angeboten hat, Gundula Runge. Genau genommen hat Runge zwei Projekte bei RISE angeboten, und auch für das zweite Projekt hat eine Studentin aus den USA den Zuschlag bekommen. Und dann gibt es noch die Austauschstudentin von der Purdue-University, der Partner-Uni, ebenfalls aus den USA. 100 Prozent Frauen in der Montagetechnik – das kann doch kein Zufall sein? Runge sagt, sie sei selbst erstaunt, aber die Frauen hätten einfach die besten Noten und Voraussetzungen gehabt, und so seien sie im zweistufigen Auswahlprozess von DAAD und ihr am Ende oben auf der Liste gelandet.
Für die fünf wissenschaftlichen Mitarbeiter des Ende 2013 neu gegründeten Instituts für Montagetechnik und dessen Leiterin, Professor Annika Raatz, war dieser erste Sommer also ein sehr junger, internationaler Sommer. „Wir fanden es spannend, Leute ans Institut zu holen, weil wir selbst noch im Aufbau sind und gern Brücken bauen wollen – und etwas internationales Flair kann da einfach nicht schaden“, erläutert Runge. „Jeder hier trägt schließlich dazu bei, auch über Kulturen hinweg das Miteinander zu fördern.“
Deshalb hat sich das Institut zunächst mal mit zwei kleinen Projekten bei RISE eingetragen; mit diesem Programm hatten auch andere Institute am Produktionstechnischen Zentrum bereits gute Erfahrungen gemacht.
Rathaus, Brauhaus, Outdoor – alles neu
Lauren kann die gute Betreuung durch die Doktoranden bestätigen, auch jenseits der Arbeit im Institut. „Skate by Night“ war ein gemeinsames Feierabendziel, ebenso die historische Altstadt von Celle, und bei einem gemeinsamen Institutsausflug ging es erst hoch aufs Hannoversche Rathaus, dann rein ins Brauhaus.
Über das Rahmenprogramm des DAAD standen außerdem Heidelberg, München, Berlin auf dem Programm. Lauren ist begeistert von Architektur, von den Fassaden der Gebäude, von den vielen Schlössern. Aber auch davon, „wie ihr in Deutschland mit Natur und Outdoor verbunden seid, dass ihr so offen seid.“
Für sie seien die Wochen am match und in Deutschland eine „opening experience“: Sie sehe so viel mehr Möglichkeiten für die Zukunft, für ihr Leben. Und ganz konkret hat sich eine spezielle Möglichkeit herausgebildet: An der Northern Arizona University mehr Regelungs-Kurse belegen, mehr Deutsch lernen, den Bachelor machen. Und dann, vielleicht, für den Master zurückkommen ans match.